Einsatz von Antibiotika in der Kleintierpraxis - aktuelle Gesetzesänderung!

 

Ich muss gestehen, ich hinke zeitlich etwas hinterher: schon zum 1. März 2018 ist die aktuellen Novelle der Tierärztlichen Hausapothekenverordnung (TÄHAV) in Kraft getreten. Sie ist in etwas mit einem Paukenschlag oder einem Fausthieb vergleichbar, von dem ich erst einmal erholen musste. Mittlerweile ist die Diskussion um dieses Thema in vollem Gange – Tierärzte sitzen stirnrunzelnd vor dem Gesetzestext,  bekommen Schreiben von Pharmafirmen, die ihre Felle davon schwimmen sehen, hören sich im Rahmen von kostenlosen Webinaren fachmännische Interpretationen der neuen Gesetzeslage an und berichten darüber in ihren Praxen und Blogs – genau so waren meine letzten Wochen!

 

Nun also zum Eingemachten. Ich werde Ihnen heute so verständlich wie möglich zusammenfassen, welche Veränderungen durch diese Novelle auf Sie zukommen. Und ich nutze diese Gelegenheit natürlich auch, Ihnen MEINE Lage näherzubringen, denn ich befürchte, dass andernfalls ICH der imaginäre Boxsack sein werde, an dem Sie ihre Wut über die Erlässe unseres Gesetzgebers auslassen werden.

 

Beginnen wir mit den Grundlagen: alles dreht sich um die Anwendung von Antibiotika. Ein Antibiotikum wird zur Behandlung von bakteriellen Infektionen eingesetzt. Doch nicht jedes Antibiotikum wirkt gegen jedes Bakterium! Wenn das Antibiotikum nicht wirkt, liegt eine sogenannte „Resistenz“ vor. Nehmen wir einen Tupfer und lassen in einem Labor eine bakteriologische Untersuchung (BU) mit Resistenztest durchführen, bekommen wir vom Labor ca. 5 Tage nach Einsendung unseres Tupfers die Aussage, wie das „betupferte“ Bakterium heißt und welches Antibiotikum wirksam wäre. Natürlich kann man in den wenigsten Fällen auf das Ergebnis dieses Tests warten, sondern muss auf Verdacht antherapieren. Wenn aber dann klar wird, dass das verwendete Antibiotikum nicht wirkt, kann man das Medikament umstellen und weiß genau, zu welchem man greifen sollte. Und jetzt kommt das tückische: behandelt man einfach mit einem Antibiotikum und merkt dann nach ein paar Tagen, dass es nicht wirkt, kann man diese Tupferprobe nicht einfach nachholen! Das bereits verwendete Antibiotikum stört die Untersuchung! Das bedeutet, man müsste das Präparat wechseln und wenn das nicht wirkt wieder wechseln…. Sehr ineffektiv….

Was kann also schief gehen beim Einsatz von Antibiotika?

Wenden wir antibiotische Medikamente falsch an (zu kurz, zu lange oder unnötigerweise), geben wir den Bakterien die Möglichkeit, sich an den Wirkstoff zu gewöhnen und eine Resistenz zu entwickeln. Im Laufe der Zeit entstehen also Keime, die auf kein Antibiotikum mehr reagieren – bekanntestes Beispiel „MRSA“. So weit, so gut. Die Idee hinter einer „Einschränkungspflicht“ beim Einsatz von Antibiotika ist also berechtigt und wenig neu. Vor allem in der Behandlung von lebensmittelliefernden Tieren ist dieses Thema heiß diskutiert. Nur in wie weit spielt die Kleintiermedizin eine Rolle? Sie hat einen verschwindend geringen Anteil an der Entstehung von Resistenzen! Ich muss meine Patienten sogar vor Infektionen vom Menschen schützen! In meiner Praxis werden alle Mitarbeiter mittels Nasentupfer untersucht,  um sicherzustellen, dass WIR diesen multiresistenten Keim nicht in uns tragen und auf unsere Patienten übertragen können! In der Humanmedizin gibt es quasi keine gesetzlichen Regelwerke zum Umgang mit Antibiotika. Wenn ich mit meinem Kind wegen einer Bindehautentzündung zum Kinderarzt gehe, nimmt keiner einen Tupfer für eine BU. Genau das ist der Grund, warum wir Tierärzte uns über die vorliegende Novelle so aufregen! Es hilft nichts, wir müssen das Beste daraus machen….

 

Nun also zu den wichtigsten Änderungen:

  • Antibiotika bestimmter Wirkstoffgruppen dürfen nicht mehr aus der Humanmedizin umgewidmet werden. Das wohl größte Problem wird der Einsatz von Augensalben oder –tropfen werden. Da gibt es nämlich kaum antibiotische Präparate, die für Tiere zugelassen sind! In Zukunft müssen wir also bei einer eitrigen Bindehautentzündung eine BU mit Resistenztest durchführen, um einen Therapienotstand nachweisen zu können, der den Einsatz des humanmedizinischen Präparates gerechtfertigt!
  • Für die gleichen Antibiotika gilt ab sofort, dass sie nicht mehr angewandt werden dürfen ohne, dass vorher eine BU mit Resistenztest durchgeführt wurde. Natürlich gibt es auch andere Antibiotika-Gruppen, aber nicht jedes Antibiotikum wirkt in jedem Teil des Körpers gleich effektiv. Man unterscheidet also Infektionen nicht nur nach dem auslösenden Bakterium, sondern auch nach der Anreichung in bestimmten Geweben. Beispielsweise gibt es Präparate, die nicht knochengängig sind (diese wären ungeeignet zur Therapie von Knocheninfektionen) oder andere, die sich besonders gut im Bereich des Harntraktes anreichern (bei Blaseninfektionen) und so weiter und so fort. Das soll natürlich nicht ihre Sorge sein, die Auswahl treffe natürlich ich. Aber wenn ich das Antibiotikum empfehle, das am besten geeignet ist, dann bedeutet das unweigerlich, dass die Kosten für eine entsprechende Laboruntersuchung auf Ihrer Rechnung landen. Eine schwierige Situation.

 

Klar ist: ich werde in Zukunft die Veränderungen der Novelle umsetzen müssen! Denn die rechtlichen Konsequenzen liegen alleine auf meinen Schultern. Und Sie werden verstehen, dass ich meine berufliche Laufbahn nicht für den Geldbeutel meiner Kunden opfern kann! Sie hingegen müssen die finanzielle Last tragen. Und nur, um das nochmal klar zu stellen: ich kann daran nichts ändern. Der Gesetzgeber hat sich bewusst für diese Variante entschieden und betont, dass der Staat sich nicht an den Kosten (wir sprechen hier von vielen Millionen Euro, die Tierbesitzer und Tierärzte zu tragen haben) beteiligen wird. Wir müssen uns zusammenraufen und das tun, was aus medizinischer Sicht das Sinnvollste für unsere vierbeinigen Patienten ist. Ich werde mein Bestes geben, Sie wie immer gut zu beraten und von Fall zu Fall mit Ihnen diskutieren und abwägen.

 

Danke für Ihr Interesse!

 

 

Dr. Felicia Spreyer

Kleintierpraxis

Hauptstr. 10

89365 Röfingen

+49 (0)8222 / 9658140

info@praxis-spreyer.de

Öffnungszeiten

Mo.-Fr. 08:00-12:00

Mo., Mi., Fr. 16:00-18:00

 

Terminsprechstunde

Pferdepraxis

0175-5819432

Termine nach Absprache